Fukuoka: Der Tag der Vorstellung ist gekommen. Training, Proben und die wichtige Platzierungsprobe auf der Bühne, damit sich vor allem die Schwäne zurechtfinden, laufen ruhig und effizient ab. Abends geben Anna Osadcenko und David Moore die Odette/Odile bzw. Prinz Siegfried. Weil der Zufall es so will, finden gleichzeitig mit unseren Aufenthalt die Sumo-Ringer-Meisterschaften in Fukuoka statt und zwar direkt neben unserem Theater. Viele Tänzer eilen am ersten Tag oder gar zwischen Probe und Vorstellung hin, um etwas von dem Spektakel mitzuerleben.
Fotos: Roman Novitzky
Aussicht aus dem Hotelzimmer über Fukuoka
Physiotherapeut Matthias Knop behandelt Elisa Badenes, während Shaked Heller auf seine Behandlung wartet
Ballettmeister Marc Ribaud gibt Training auf der Bühne. Im Publikum sitzt Maki Fujita, Absolventin der John Cranko Schule und ehemalige Corps de ballet-Tänzerin, die mit ihren BallettschülerInnen zuschaut und abends in die Vorstellung gehen wird. Wir freuen uns sehr, eine Alumna der Copagnie hier zu begrüßen und hoffen, ein paar der jungen TänzerInnen inspirieren zu können
Alicia Amatriain und Friedemann Vogel in der Probe. Sie werden die letzte Vorstellung des Gastspiels in Nishinomiya tanzen
Alicia und Friedemann – pure Emotion, selbst in der Probe!
Die Sumo-Ringer-Weltmeisterschaften im Convention Center des Sunpalace-Komplexes
Zwei Wrestler im Kampf
Nicht nur TänzerInnen sind flexible!
Die Vorstellung beginnt: Ami Morita, Aiara Iturrioz, Rocio Aleman, Fernande De Souza Lopes und Agnes Su im Pas de six
David Moore: Prinz von Kopf bis Fuß!
Veronika Verterich schaut den ersten Akt aus der Gasse heraus an
Diana Ionescu dehnt sich, wann und wo sie kann!
Akt zwei: Anna Osdadcenko beschützt als Odette ihre Schwäne
Anna und David
Schwebend: Anna und David
Anna in der Pause
Dirigent Wolfgang Heinz während der Pause
Schneller Umzug: Eva Holland-Nell und Anouk van der Weijde mit den Kopfteilen des dritten AKtes, aber noch in den Schwanentutus vom zweiten Akt
Cameo: Unser Korrepetitor Paul Lewis bereitet sich darauf vor, als Statist im dritten Akt auf die Bühne zu gehen, ausgestattet mit moralischer Unterstützung von den TänzerInnen!
Die verstimmten Prinzessinnen, die vom Prinz zurückgewiesen wurden: Jessica Fyfe als russische Prinzessin, Diana Ionescu als ungarische Prinzessin, Daiana Ruiz als spanische Prinzessin und Angelina Zuccarini als neapolitanische Prinzessin
Henrik Erikson als spanischer Edelmann
Daiana Ruiz als spanische Prinzessin
Diana Ionescu als ungarische Prinzessin mit Flemming Puthenpurayil als ihren Begleiter
Matteo Crockard-Villa als inrospektiver Rotbart
Der Arbeitsplatz unseres Inspizienten Janis Vollert
Matteo Miccini findet selbst am Bahnsteig Barrenersatz
Begeisterung beim einfahrenden Shinkansen – nächster Halt Kobe!
Der erste Tag in der Sunpalace Hall hier in Fukuoka ist für alle Beteiligten ein sehr arbeitsintensiver: im relativ kleinen Ballettsaal wird geprobt, Kostüme werden ausgeladen, gebügelt und aufgehangen, die Maske baut ihre Räumlichkeiten und die Technik in konzentrierter Windeseile das große Bühnenbild auf, die Beleuchtung hängt und prüft Scheinwerfer, die Tonabteilung bespricht sich mit den japanischen Kollegen vor Ort. 48 Stunden nach Ankunft in Fukuoka wird die Vorstellung stattfinden. Das gelingt nur mit hoch professioneller Arbeit, Teamwork und natürlich mit der hervorragenden Unterstützung der japanischen Kollegen.
Fotos: Roman Novitzky
Unsere Techniker bauen das Bühnenbild auf
Training mit Ballettmeister Rolando D’Alesio im kleinen Ballettsaal
Matteo Crockard-Villa und David Moore pausieren
Die TänzerInnen bekommen Korrekturen
Rocio Aleman und David Moore in der Probe mit Ballettintendant Tamas Detrich und den BallettmeisterInnen Andria Hall, Krzysztof Nowogrodzki, Marc Ribaud, Yseult Lendvai und Rolando D’Alesio
Unsere Tänzerinnen präsentieren die diesjährigen Tour-Shirts
Ein fröhlicher Moment mit Tamas Detrich und Krzysztof Nowogrodzki
Der letzte Tag in Tokio endete mit einer fulminanten Vorstellung von Schwanensee mit Anna Osadcenko und David Moore in den Hauptrollen. Beim Applaus folgte dann ein Regenschauer goldenen Konfettis und ein emotionaler Abschied auf beiden Seiten der Rampe nach insgesamt sieben Vorstellungen der Compagnie in der Hauptstadt. „Sayonara/See you soon!“ stand auf dem Plakat, das über den Köpfen der TänzerInnen hing und darauf hoffen wir sehr! Am nächsten Morgen ging es dann zum Flughafen für die Weiterreise nach Fukuoka. Die Reise verlief gut, abends sind die KollegInnen der Technik, Beleuchtung, Ton, Requisite, Maske und Garderobe schon im neuen Theater, der Sunpalace Hall.
Fotos: Roman Novitzky
Schwäne!
Noch mehr Schwäne!
Unsere wunderbaren Schwäne
Anna Osadcenko zeigt ein perfektes Jeté
Anna Osadcenko und David Moore
Anna wartet in der Gasse auf den nächsten Auftritt
Anna und David
Anna und David am Ende des vierten Aktes
Anna und David
Unsere neue Tafel hängt, liebevoll gestaltet von Jens
Alles läuft auf Hochtouren für die letzten beiden Schwanensee-Vorstellungen in Tokio, ehe es am Montag weiter Richtung Fukuoka geht: Während Anna Osadcenko und David Moore Samstagmorgen noch fleißig proben, hat Adhonay Soares da Silva Samstagnachmittag mit Elisa Badenes an seiner Seite sein Debut als Prinz Siegfried gegeben – und was für eins! Vor fast ausverkauftem Haus hat er das Publikum im Sturm erobert und bereits während der Vorstellung diversen Zwischenapplaus eingeheimst. Wir gratulieren! Besondere Erwähnung verdient aber auch unser Corps de ballet, vor allem die Damen, die in jeder Vorstellung mit unermüdlichem Enthusiasmus und im Moment auf einem sehr hohen Niveau tanzen.
Fotos: Roman Novitzky
Bei der Probe zu Schwanensee mit Tamas Detrich, Andria Hall, Rolando D’Alesio, Yseult Lendvai, Marc Ribaud und Agnes Su sowie Wofgang Heinz und Valery Laenko
In der Probe mit Anna Osadcenko und David Moore als Odette und Prinz Siegfried
Anna Osadcenko und David Moore
Anna Osadcenko und David Moore
Anna Osadcenko und David Moore
Anna Osadcenko und David Moore
Nachmittagsvorstellung: Pas de six mit Adhonay Soares da Silva, Hyo-Jung Kang, Diana Ionescu, Veronika Verterich, Miriam Kacerova und Angelina Zuccarini
Diana Ionescu im Pas de six
Fernanda De Souza Lopes
Unsere charmanten brasilianischen Herren: Adhonay Soares da Silva mit Moacir de Oliveira und Noan Alves
In der Pause: Schwan Aiara Iturrioz Rico und Rotbart Matteo Crockard-Villa
Schwanenkönigin Elisa Badenes
Elisa Badenes und das Corps de ballet
Adhonay Soares da Silva und Elisa Badenes
Adhonay Soares da Silva und Elisa Badenes
Rocio Aleman als spanische Prinzessin
Sinead Brodd als ungarische Prinzessin
Jessica Fyfe als russische Prinzessin
Das Gefolge der russischen Prinzessin
Angelina Zuccarini als neapolitanische Prinzessin und ihr Begleiter Timoor Afshar
Elisa Badenes als Odile
Kurze Verschnaufspause für Elisa Badenes
Elisa Badenes und Adhonay Soares da Silva
Unsere Corps de ballet-Damen
Elisa Badenes und Adhonay Soares da Silva beim Schlussapplaus
Alicia Amatriain, Adhonay Soares da Silva, Fabio Adorisio, Alexander Mc Gowan in Bridget Breiners Sirs, Foto: Stuttgarter Ballett
Nach dreimal Ballett in nicht mal 24 Stunden fühle ich mich ein bisschen so, als hätte ich etwas sehr Verbotenes, sehr hoch Dosiertes geraucht. Es ist ein ziemlich gutes Gefühl. Gibt es überhaupt noch was Anderes im Leben als Ballett? Für all die TänzerInnen und ChoreographInnen, die sich am Sonntag Nachmittag im Kammertheater für die Premiere von „Skizzen“ versammelt haben, bestimmt nicht. „Wir haben alle unser Leben dem Tanz geopfert“, so hat es Robert Conn am Morgen beim Gespräch im Opernhaus formuliert. Das Opfer trägt Früchte, der Nachmittag wird zur grandiosen, umjubelten Leistungsschau. Fast hundert Choreographien sind in den letzten zwanzig Jahren unter der Intendanz Reid Andersons in Stuttgart entstanden, zwölf davon werden an diesem Nachmittag gezeigt, und endlich stehen auch die Stuttgarter TänzerInnen auf der Bühne und zeigen, was sie können. Neben mir läuft Katarzyna Kozielska über den giftgrünen Boden des Kammertheaters. Die Halbsolistin des Stuttgarter Balletts ist einer der Shootingstars der Choreographie, mit ihrem Stück „Neurons“ hat sie erst vor wenigen Monaten in Stuttgart abgeräumt, am heutigen Nachmittag wird sie dem Solisten Adhonay Soares da Silva mit ihrem Stück „Firebreather“ alles abverlangen. Ich kann mir das nicht vorstellen, sage ich, wie man das macht, eine Choreographie zu entwickeln.
Adhonay Soares da Silva in Katarzyna Kozielskas Firebreather, Foto: Stuttgarter Ballett
Sie lacht. „Für mich ist Körpersprache die natürlichste Sprache, die es gibt“, meint sie. „Die Ideen dazu kommen ganz von alleine. Noch jedenfalls!“ Für mich, die ich mit Worten arbeite, ist das ziemlich schwer vorstellbar, mit dem Körper eine Geschichte zu erzählen. Jeder Choreograph, jede Choreographin hat eine ganz eigene, charakteristische Ausdrucksweise. Manche erkennt man gleich, zum Beispiel die dynamische Bewegungssprache von Marco Goecke, einem der Hauschoreographen des Stuttgarter Balletts. Friedemann Vogel bekommt an diesem Nachmittag für sein Solo aus Goeckes Orlando viele Bravos. Als er mit dem nackten Rücken zum Publikum steht, hat man fast das Gefühl, als könne dieser Ausnahmetänzer jeden
Friedemann Vogel in Marco Goeckes Orlando, Foto: Stuttgarter Ballett
Muskel gezielt einzeln bewegen. Das ist das Großartige am Kammertheater, man sieht so viel mehr als im Opernhaus, man ist so nah dran am Bühnengeschehen. Kein Orchestergraben schafft Distanz, man hört, wie der Atem der TänzerInnen immer schneller geht, man sieht die körperliche Anstrengung und den Schweiß, und unsere Superhelden rücken ein ganz klein wenig näher an uns Normalsterbliche heran.
In der Pause frage ich ein paar Besucherinnen, wie Ihnen die „Skizzen“ gefallen. „Sie sind doch die, die bei der Filmpremiere ihren Platz nicht gefunden hat, oder?“, entgegnet eine der Damen. Okay, auch so kann man Berühmtheit erlangen. Danach entbrennt eine leidenschaftliche Diskussion darüber, ob das Stuttgarter Ballettpublikum zu viel oder zu wenig klatscht, es wird Bedauern darüber ausgedrückt, dass Fußball viel beliebter ist als Ballett, und es wird moniert, dass die Ballettstars insgesamt viel zu wenig Anerkennung bekommen. Friedemann, findet eine der Damen, soll am besten die großen Handlungsballette tanzen, während Alicia in den modernen Stücken einfach fantastisch ist. So könnte man munter weiterreden, allein, die Pause ist zu Ende. Das ist auch so eine Besonderheit des Stuttgarter Publikums: Man kann ansprechen, wen man will, alle kennen sich aus. Hier geht man nicht einfach ins Ballett, um sich sehen oder berieseln zu lassen. Nein, hier ist jeder ein Experte! Man studiert eifrig das Programmheft, man fachsimpelt, man fiebert mit bei einem Rollendebüt, und man ist durchaus auch kritisch.
Nach der Pause läuft Georgette Tsinguirides strahlend am Arm von Ivan Cavallari die Rampe hinauf ins Kammertheater. Sie ist ziemlich klein, er ist ziemlich groß. Ob sie weiß, wie viele Blicke ihr folgen? Wie viele Menschen sie bewundern, weil sie seit über siebzig Jahren nahezu täglich in den Ballettsaal kommt, um ihr Wissen weiterzugeben? Stuttgarter Ballettwunder, eines der vielen!
Der Nachmittag endet, wie könnte es anders sein, fulminant, mit einem Auszug aus Christian Spucks Lulu.
Alicia Amatriain, David Moore in Christian Spucks Lulu, Foto: Stuttgarter Ballett
Da könnte man dann fast wieder
ein klein wenig wehmütig werden, dass dieser Choreograph, der Stuttgart all die fantastischen Handlungsballette beschert hat, als Ballettdirektor nach Zürich abgezwitschert ist (wo alle Geld haben und nicht darüber reden, wie er es am Morgen so schön formuliert hat). Hinter der Bühne treffe ich den Choreographen Kevin O’Day, der in den letzten Jahren sehr erfolgreich in Mannheim gearbeitet hat. Auch er hat heute abgeräumt. Anna Osadcenko und Jason Reilly haben seine Choreographie Delta Inserts getanzt. Es ist eine Beziehungsgeschichte, die O’Day
Anna Osadcenko und Jason Reilly in Kevin O’Days Delta Inserts, Foto: Stuttgarter Ballett
1999 für das Stuttgarter Ballett kreiert hat, die Musik hat John King extra dafür geschrieben. Es war die erste Choreographie des Amerikaners für eine europäische Compagnie. Und, ist er zufrieden? „Sehr. Wir haben ein bisschen geprobt, ein bisschen verändert. Das Stück ist ja schon 18 Jahre alt.“ Ich lerne also wieder etwas Neues: eine Choreographie ist nicht in Stein gemeißelt, sondern wird der Zeit, den Tänzern angepasst? Er nickt. „Ich verändere eine
Choreographie manchmal von einer Vorstellung zur nächsten.“ Ist es anders, in Europa zu arbeiten als in den USA? O ja, meint er. Jeder Ort hat seine eigenen vibrations. Und, wie sind sie, die Stuttgarter vibrations? Stuttgart ist ein ungemein kreativer Ort, fällt ihm spontan dazu ein. Na, das hören wir doch gerne. Unterdessen verabschieden sich im Hintergrund die zur Gesprächsrunde angereisten BallettdirektorInnen. See you in Paris. See you in Venice!
Unsere Bloggerin Elisabeth Kabatek mit dem Choreographen Kevin O’Day nach der Premiere von Skizzen
Am Dienstagabend bin ich übrigens das nächste Mal wieder im Ballett. Wenn Sie mir was erzählen wollen, sprechen Sie mich einfach an. Ich bin ganz leicht zu erkennen. Ich bin die Frau, die immer ihren Platz sucht.